Meine Augen haben deinen Heiland gesehen,

das Heil, das du bereitet hast allen Völkern. Lk 2,30-31

Vor etlichen Jahren unterhielt ich mich mit einer alten Frau, die jetzt schon längst heimgegangen ist. Ihr Mann war in den Weiten Russlands im Krieg vermisst worden und es konnte nie Klarheit geschaffen werden, was aus ihm geworden ist. Alle Suchanzeigen über das Rote Kreuz, alle Suchmeldungen über das Radio brachten keine Klarheit. Sie sagte mir: „Am schlimmsten ist die Ungewissheit. Man hofft: Irgendwann steht er ja vielleicht doch noch ganz plötzlich in der Tür.“ Und so hoffte diese und manch andere Frau, deren Mann im Krieg geblieben war, ein ganzes Leben lang. Man kann als Außenstehender kaum ermessen, was das bedeutet.

Der Mann, von dem obiger Satz des Monatsspruches stammt, war auch ein Wartender. Ein Leben lang hatte Simeon nach dem Messias Ausschau gehalten. Jetzt in seinem hohen Alter bekam er vom Heiligen Geist den Impuls, in den Tempel zu gehen und Gott gab ihm die Zusage in sein Herz, dass er nicht eher sterben würde, ehe er den Christus gesehen hat. Und dann trifft er da im Tempel auf dieses Baby zusammen mit Maria und Josef. Wahrscheinlich ein Baby, das auch nicht anders aussah, als andere Babys. Niedlich eben. Aber Simeon erkannte in diesem Baby den lang erwarteten Retter der Welt. Gottes Geist, der ihn ein Leben lang geleitet hat, der zu ihm gesprochen hatte und der in ihm lebte, er öffnete ihm die Augen, dass er in diesem kleinen Kind den Retter der Welt erkennen konnte. Beten auch wir in diesen Advents- und Weihnachtstagen darum, dass Menschen um uns herum und wir selbst durch den Heiligen Geist erkennen, dass es in der Geburt Jesu nicht nur um ein paar nette weihnachtliche Gefühle geht, nicht nur um ein niedliches Kind in der Krippe sondern um Gottes Rettungsprogramm für eine verlorene, kaputte und friedlose Welt. Wenn in diesen Tagen vielleicht manche nur das Christkind sehen, wollen wir Gottes Geist einladen, dass er uns Jesus als den gekreuzigten und auferstandenen Herrn vor Augen malt.

Denn darum geht es zu Weihnachten zutiefst:

Welt war verloren, Christ ist geboren.

Freue dich, oh Christenheit.“

Thomas Scheffler